H 057 – Gefahrstoffaustritt


Einsatz-Nummer:H 057
Datum:30.05.2017
Alarmierung:10:50
Einsatzende:17:00
Einsatz-Stichwort:Gefahrstoffaustritt

In einem Industriebetrieb in Winnweiler kam es bei Arbeiten an einem im Freien liegenden Kühlsystem zu einer Leckage einer Ammoniak-Leitung. Aus dieser trat unter starkem Druck das stark riechende und giftige Gas aus. Konstruktionsbedingt war kein Abschiebern der Leitung möglich, so dass trotz starker Bemühungen des Personals des Betriebes der Austritt nicht gestoppt werden konnte.
Daher wurde von den Verantwortlichen der Werksicherheit die Feuerwehr alarmiert. Neben der Feuerwehr Winnweiler, welche mit einem vollständigen Zug ausrückte, wurde der Gefahrstoffzug des Donnersbergkreises, der über nahezu alle Verbandsgemeinden dezentral stationiert ist, Einheiten des Rettungsdienstes, die Berufsfeuerwehr Kaiserslautern mit einem speziellem Messfahrzeug, die Abschnittsleitung Gesundheit (Leitender Notarzt, Organisatorischer Leiter Rettungsdienst), die Polizei und der Kreisfeuerwehrinspekteur alarmiert.
Darüber hinaus wurden die Feuerwehren Imsbach, Münchweiler und Gonbach im Marsch gesetzt, um einen Abschnitt der B 48 als Bereitstellungsraum abzusichern sowie die Straße vor dem Betrieb zu sperren. Die Kräfte wurden dabei von der Polizei unterstützt.

Als erste Einsatzmaßnahme wurde, da Ammoniak gut wasserlöslich ist, das austretende Gas durch Wassereinsatz niedergeschlagen. Allein durch diese Maßnahme konnte eine Ausbreitung des Gefahrstoffes deutlich reduziert werden. Da unter der Anlage ein Auffangbecken war, gelangte das genutzte Wasser nicht in das Erdreich. Ferner wurde der Gefahrenbereich abgesperrt und eine Not-Dekontaminations-Möglichkeit sichergestellt. Mit Messgeräten wurde der unmittelbare Gefahrenbereich an der Anlage bestimmt und fortlaufend kontrolliert.
Die Windrichtung (West-Wind, ca. 12 km/h) trieb darüber hinaus die restlichen Mengen des Stoffes in der Luft glücklicherweise in Richtung von unbebauten Gebiet.
Messungen in der unmittelbaren und näheren Umgebung durch das  Messfahrzeug der Berufsfeuerwehr Kaiserslautern ergaben keine feststellbaren Konzentrationen des Stoffes außerhalb des Betriebes. Die einzige Ausnahme stellte ein Messpunkt, unmittelbar am Zaun des Betriebes in Ausbreitungsrichtung dar, bei dem 10 % der maximal zulässigen Arbeitsplatzkonzentration (Arbeitsplatzgrenzwert) kurzzeitig gemessen wurden.
Die Messungen wurden während des gesamten Einsatzes im Umfeld durchgeführt.
Über die Warn-App „KATWARN“ wurde eine Information über den Einsatz an die Bevölkerung herausgegeben, um einer möglichen Beunruhigung vorzubeugen.

Nach Eintreffen der überregionalen Gefahrstoffeinheiten, gingen Einsatzkräfte unter Chemikalienvollschutzanzügen zu der Leckage vor, um diese abzudichten. Ebenso wurde für die Einsatzkräfte ein umfassender Dekontaminationsplatz, welcher auch Auffangmöglichkeiten für das verunreinigte Wasser und Umkleidemöglichkeiten beinhaltete, errichtet.

Einer der Arbeiter, welcher an der Leitung gearbeitet hatte, wies leichte Atembeschwerden auf und musste in eine Klinik gebracht werden. Er konnte jedoch diese am selben Tag wieder verlassen. Ebenso erlitt ein Feuerwehrangehöriger unter Atemschutz einen Kreislaufkollaps und wurde vor Ort vom Rettungsdienst versorgt.
Generell stellten die hohen Temperaturen für die Einsatzkräfte, gerade beim Tragen von schwerer Chemikalienschutzausrüstung, eine immense körperliche Belastung dar. Die Versorgung mit Trinkwasser war daher eine wichtige logistische Aufgabe. Ein aufziehendes Gewitter war ein weiterer Gefahrenmoment, streifte das Ortsgebiet von Winnweiler jedoch lediglich leicht.

Aufgrund des anhaltenden hohen Druckes in der Leitung und der schweren Zugänglichkeit von dieser, war es auch nach dem Einsatz von insgesamt 8 Einsatzkräften, in jeweils 2-Mann-Trupps, und der Nutzung verschiedener Ausrüstung nicht möglich die Leitung abzudichten.
Maßnahmen am Kreislaufsystem des Ammoniaks, welche das Ziel hatten den Druck von der Leitung zu nehmen, zeigten zunächst keinen Erfolg.
Dies hatte zur Folge, dass die Ressourcen des Gefahrstoffzuges des Donnersbergkreises, sowohl an Schutzanzügen, wie auch an geeignetem Personal, zuneige gingen. Daher wurde der Gefahrstoffzug des Landkreises Kaiserslautern hinzugezogen, welcher aufgrund der rechtzeitigen Alarmierung zeitgerecht eintraf, um weitere Trupps unter Chemikalienschutzanzügen zu stellen.
Im gleichen Zuge wurde die Feuerwehr Enkenbach alarmiert um ein zusätzliches Löschfahrzeug für die Sicherstellung des Grundschutzes für die VG Winnweiler  bereitzuhalten. Ebenso wurden für diesen Zweck die US-Feuerwehr Sembach mit einer Drehleiter, die Feuerwehren Münchweiler, Sippersfeld und Steinbach in Bereitstellung versetzt. Darüber hinaus wurde die Schnelleinsatzgruppe-Betreuung (SEG-B) alarmiert, um eine Versorgung der Einsatzkräfte zu gewährleisten und der Gerätewagen-Atemschutz (GW-A) des Landkreises kam an die Einsatzstelle.
Um die ca. 150 Einsatzkräfte adäquat führen zu können, wurde die Führungsgruppe des Donnersbergkreises alarmiert, welche dem Kreisfeuerwehrinspekteur zur Seite stand, der die Einsatzleitung ab der Alarmierung der Kräfte des Landkreises Kaiserslautern übertragen bekommen hatte.  Ebenso war die Pressesprecherin des Brand- und Katastrophenschutzes vor Ort.

Zwischenzeitlich ergaben systematische Messungen in den angrenzenden Betriebsgebäuden, dass dort keine oder deutlich ungefährliche Konzentrationen von Ammoniak vorhanden waren. Dies ermöglichte die Aufrechterhaltung von betriebskritischen Prozessen durch Mitarbeiter, welche bei Unterbrechung zu immensen wirtschaftlichen Schäden geführt hätten.
Es konnten ferner die Bemühungen von Betriebsangehörigen intensiviert werden, mittels technischer Maßnahmen an dem Leitungsanlagensystem den Druck an der Austrittstelle zu senken.
Diese Maßnahmen zeigten schließlich Wirkung, so dass der Austritt an der Leckage sich deutlich verminderte und vor allem der Druck nachließ.
Daher konnte die Leckage mit einer Manschette verschlossen werden.

Nachdem an der Schadenstelle keine kritischen Konzentrationen mehr gemessen wurden, konnte die Anlage wieder so angefahren werden, dass der defekte Bereich nicht mehr von Ammoniak durchflossen wurde. Die Einsatzmaßnahmen der Feuerwehr konnten daraufhin zurückgenommen und die Anlage an den Betreiber übergeben werden.
Über das System „KATWARN“ wurden darüber hinaus die Bürger über das Ende des Einsatzes informiert.

Bei dem Einsatz hat sich gezeigt, wie wichtig eine gute Koordination und vorausschauende Einsatzplanung ist.
Alle Beteiligten haben die Einsatzlage hervorragend bewältig. Gerade auch die körperliche Belastung war aufgrund der Außentemperaturen für alle Kräfte sehr hoch. Zum guten Ablauf trugen auch die in jüngster Vergangenheit durchgeführten kreisweiten Ausbildungen und Übungen zu diesem Thema bei.

INFO Ammoniak:
Ammoniak ist ein stark stechend riechendes, giftiges Gas. Es ist einer der meistverwendeten Industriechemikalien und wird vorwiegend für die Düngemittelproduktion, aber auch sehr oft in Kälteanlagen eingesetzt. Bei Kontakt mit Schleimhäuten, Augen und generell nassen Hautstellen bildet sich aufgrund der Wasserlöslichkeit umgehend eine stark ätzende Base. Da das Gas bereits in kleinsten Mengen, weit unter der gefährlichen Schwelle, sehr stechend riecht, sorgt dies in der Regel dafür, dass sich Personen rechtzeitig aus dem Gefahrenbereich begeben können.
In jedem Fall sollte jedoch nach direktem Kontakt mit Ammoniak und einem Austritt von diesem Stoff ein Notruf über die 112 abgesetzt werden, um qualifizierte Hilfe sicherzustellen.